Wo ist Ihr Atelier?

Mein Atelier befindet sich in meiner Wohnung, keine vier Meter von meinem Schlafzimmer entfernt. Für meinen Arbeitsprozess ist diese Nähe essentiell, da ich hauptsächlich Nachts arbeite – und dies sehr impulsiv. Meine Ateliersituation gibt mir die Freiheit, sofort mit der Arbeit beginnen zu können, wenn ich mitten in der Nacht mit dem plötzlichen Impuls erwache, mich in den Malprozess begeben zu wollen.

Wie ist Ihr Atelier organisiert und wie würden Sie das Ambiente in Ihren Arbeitsräumen beschreiben?

Mein Atelier ist gewolltes Chaos. Die Türen, Wände, der Boden und die Fenster sind voller Farbe, ohne Schutzkleidung sollte der Raum nicht betreten werden. Die Farbtuben türmen sich, nichts hat seinen festen Platz. Und gerade dafür liebe ich diesen Ort. Hier gibt es keine Regeln und Normen, es herrscht beinahe grenzenlose Freiheit. Während die restliche Wohnung mit ihrer Ordnung, Ästhetik und Sauberkeit beinahe wie eine ganz normale Münchener Wohnung wirken könnte, betrete ich beim Öffnen der Tür zu meinem Atelier eine andere Sphäre. Für mich ist dieser Ort beinahe schon nicht mehr von dieser Welt – und dadurch ermöglicht er es mir, während des Malens in die Tiefen anderer Bewusstseinszustände abzutauchen. Mein Atelier eröffnet mir Zutritt zu anderen Sphären, in welchen sich das Geheimnis unserer Existenz erahnen lässt. 

Wie können Ihre Werke dazu beitragen, die Atmosphäre eines Raumes zu definieren oder zu verändern?

Meine Kunst bietet Betrachtenden die Möglichkeit, die materielle und zeitliche Realität für einen Moment zu verlassen und sich auf eine introspektive Reise zu begeben. Jedes Werk ist eine Einladung, in die eigenen seelischen Tiefen abzutauchen, um dort seiner eigenen Wahrheit und Allverbundenheit näherzukommen. Dadurch erweitern meine Werke mit ihrer Tiefe den Raum. Sie stellen eine Pforte dar und führen vom physischen Raum hin zu anderen Raum- und Zeitsphären.

Welche Materialien und Techniken bevorzugen Sie, und wie könnten diese die Atmosphäre eines Raumes beeinflussen?

Mein künstlerischer Prozess ist geprägt von Nächten des tranceähnlichen Schaffens. Im Laufe einer Nacht versuche ich, in einen kontrollierten Kontrollverlust einzutauchen. Indem der Verstand in den Hintergrund tritt, kann die Intuition die Führung übernehmen. Sie entscheidet über Farbe, Bewegung, Ausführung. Durch mehrschichtige Techniken mit Spachtel und Pinsel entstehen so im Verlauf mehrerer Nächte meine Werke, hauptsächlich Öl auf Leinwand. Dieser Prozess ist emotional sehr fordernd, weshalb sich während der Arbeit an einem Bild mein eigener emotionaler Zustand verändert. So gelange ich mit jeder weiteren Nacht in tiefere Sphären, was meinen Bildern ihre Tiefe verleiht. Ich arbeite dabei in der Überzeugung, dass jeder Mensch in der Tiefe das Göttliche trägt – eine unendliche Quelle von Schöpfungskraft und Verbundenheit. Meine Bilder bringen dies an die Oberfläche, sodass es im Raum fühlbar werden kann. 

Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie aus, und haben Sie bestimmte Routinen, die Sie als essentiell für Ihre Produktivität betrachten?

Meine wichtigste – und schwerste – Lektion, die ich im Laufe der letzten Jahre lernen musste, war es, dass ich die Kontrolle über mein gesamtes Schaffen abgeben muss. Und zwar nicht nur über den Malprozess an sich, sondern auch über meine Produktivität, Arbeitszeiten und Routinen. Es hat lange gedauert, bis ich gelernt habe, zu vertrauen – meine Kunst kommt zu mir, wenn ich sie nicht unter Druck setze. Da ich Dunkelheit und Rückzug benötige, um in die Tiefen des Innenlebens absteigen zu können, bedeutet dies etwa, dass ich in den turbulenten Sommermonaten kaum malen kann und die vermeintliche Unproduktivität aushalten muss. Doch sobald die Tage kürzer werden und das Leben ruhiger, kommt meine Inspiration zurück. Im Winter vergeht dann kaum eine Nacht, die ich nicht vor der Leinwand verbringe. Nur aus dieser Freiheit heraus kann ich echte Kunst erschaffen – Kunst, die nicht dem Verstand entspringt, sondern der Intuition. 

Hören Sie Musik oder andere Klänge während Sie arbeiten? Wie beeinflusst das Ihre kreative Arbeit?

Musik hilft mir sehr, mich in meine inneren Tiefen zu begeben. Was genau ich beim Malen höre, hängt vom jeweiligen Prozess ab. Ich höre stiloffene Musiken, die alle in sehr ruhig getragener Stimmung Raum für meine emotionalen Prozesse schaffen.

Gibt es ungewöhnliche oder persönlich bedeutsame Gegenstände in Ihrem Atelier, und welche Bedeutung haben sie für Sie?

An der Wand hängt eine knapp einen Meter große, vergoldete Spinne. Vor etwa drei Jahren war mir diese Spinne im Traum erschienen. Zur Zeit des Traumes hatte ich bereits seit einigen Monaten mit meiner Freelance-Tätigkeit in der IT-Branche gehadert, seit ich einige Wochen alleine in den schottischen Highlands unterwegs gewesen war. Dort hatte ich deutlich zu spüren begonnen, dass ich mich voll und ganz meiner Kunst verschreiben sollte. Doch zunächst fehlte mir der Mut für diesen Schritt. Dieser Traum jedoch war derart eindringlich, dass ich erkannte, dass ich endlich meinen Weg in die Kunst einschlagen musste und kehrte nur drei Tage später der IT-Branche den Rücken. Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für mein Leben schuf ich später das Abbild der Spinne aus Ton und Gold. Seitdem erinnert mich die vergoldete Spinne daran, wie wichtig es ist, im Leben immer wieder den Mut aufzubringen, für seine eigene Wahrheit einzustehen – gegen alle Widerstände, Ängste, Normen und Erwartungen hinweg. Auch, wenn es immer bedeutet, dass es Opfer erfordert. 

Was inspiriert Sie?

Meine wichtigste Inspiration sind die schottischen Highlands. Hier begann mein Weg in die Kunst, hier finde ich immer wieder zum Gefühl der Allverbundenheit zurück. Daher begebe ich mich jeden Sommer mit Zelt und Rucksack für vier oder fünf Wochen alleine in die schottische Einsamkeit. Wenn man einige Wochen fernab der Zivilisation lebt, beginnt sich die eigene Wahrnehmung zunehmend zu verändern. Die Sinne erweitern sich und man beginnt die Stille wahrzunehmen, die man in der Hektik des normalen Lebens nicht vernehmen könnte. Und darin offenbaren sich ungeahnte Schätze – eine plötzliche Ahnung über die eigene Wahrheit, die in unserer Tiefe verborgen liegt, ein vertrauensvolles Eingebettet-sein in die Natur, unendliche Allverbundenheit und ein unbestimmtes Gefühl von dem Mysterium, das uns umgibt. Diese Erfahrungen stellen die Hauptthemen meiner Kunst dar, die ich versuche, durch meine Bilder auch für andere fühlbar zu machen.